„Der Gehängte“

Bronzeplastik des Künstlers Hugo de Matran, CH

Seit einigen Tagen steht in unserem Klostergarten die Bronze-Groß-Plastik von unserem Mitbruder P. Hugo Heule (Künstlername: Hugo de Matran) an dem Zugang vom Klostergarten zum Collegium Josephinum.

Der Künstler hat sich viele Jahre mit dieser Plastik auseinandergesetzt, bis sie dann schlussendlich gegossen werden konnte. Viele innere, und äußere Auseinander-setzungen haben zum Entstehen dieser Großplastik beigetragen.

Die Großplastik ist keine alltägliche, sondern eher eine herausfordernde, ja schreck-liche Skulpturengruppe des Gehängten mit der augenlosen Frau und dem kleinen Kind. Wer ihr begegnet zeigt zum Teil schockierende Reaktionen, weil man sich nicht leicht in diese Skulptur verlieben kann wie in andere Bronzeskulpturen.

Rein vom Augenschein her nehmen wir einen Gehängten wahr, der an den Armen an einem Querbalken aufgehängt ist. In einem schräg auf die Schulter herabgesunkenen Kopf mit offenem Mund und geschlossenen Augenlidern scheint man den Aufschrei des Gehängten zu hören.

Außerdem wurde der gehängte Mensch zusätzlich gefoltert durch einen aufge-schlitzten Bauch mit heraushängenden Innereien. Zu allem Elend steht an der Seite des Gehängten eine übergroße Frau mit herabhängenden Schultern und am Körper eng anliegenden übergroßen Händen. Die Augenhöhlen der Frau sind leer. Sie steht mit dem Rücken zum Gehängten, denn dieses Elend ist nicht zum Ansehen und zu ertragen. Einzig das kleine Kind im Grundschulalter schaut entsetzt und mitleidend auf den Gehängten, dem so viel Grausames widerfahren ist.

Wenn wir nun auf die heutige Situation in der Welt schauen, fallen uns viele Parallelen ein, in denen Menschen grausam der Gewalt und Folter, dem Terror oder Krieg ausgesetzt sind, und niemand scheint den Schrei der Gemarterten zu hören.

Wieviel körperlich und seelisch Gemarterte müssen mit ihrem Schicksal alleine fertig werden? Und diese Gruppe des Gehängten nimmt ihre unerträgliche und grausame Situation auf und versucht sie ins Bild zu setzen, damit überhaupt die Gesellschaft zu einer Auseinandersetzung angeregt wird, oder sich ihr auch verschließen kann.

Als unser Künstler seinem Bildhauerfreund aus Prag einmal gestand, dass er an die 500 Zeichnungen pro Jahr verbrannt hätte, weil sie ihm zu schrecklich vorkamen, wurde er von ihm richtiggehend zurechtgewiesen. Er gab ihm zu verstehen: er solle ja nicht in seiner Arroganz meinen, diese Werke selber geschaffen zu haben! Diese würden lediglich durch ihn entstehen, gehörten keineswegs ihm – sondern einer Epoche – denn ohne die Erkenntnis dieses „Höllenflügels“ könnte kein Triptychon eines Paradieses entstehen!

Diese kurzen Anmerkungen und vielleicht auch Hinführungen sollten Ihnen, liebe Betrachterinnen und Betrachter,  helfen in der Auseinandersetzung mit diesem Werk. Denken Sie bei der Betrachtung an all diejenigen, von deren Schicksal wir so wenig wissen oder gleichgültig daran vorbeigehen.

P. Ludger Wolfert CSsR

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben